Die Schilddrüse ist ein schmetterlingsförmiges Organ in unserem Hals. Sie produziert überlebenswichtige Hormone, die einen großen Einfluss auf unsere Psyche und unseren Stoffwechsel haben. Eine Fehlfunktion der Schilddrüse gehört zu den häufigsten Erkrankungen deutscher Frauen. Die häufigste Erkrankung ist die Hashimoto Autoimmunthyreoitidis. Dies ist eine Autoimmunentzündung der Schilddrüse, die für eine Schilddrüsenunterfunktion sorgt.

Viele der Menschen, die zu mir kommen, wissen nur, dass sie an einer Schilddrüsenunterfunktion leiden, aber nicht ob diese durch Hashimoto besteht. Bei Hashimoto erkennt das körpereigene Immunsystem die Schilddrüse nicht mehr als körpereigenes Organ an, sondern bekämpft die Schilddrüse als körperfremd und sorgt so dafür, dass das hormonproduzierende Gewebe schubweise in Bindegewebe umgewandelt wird, welches keine Schilddrüsenhormone produzieren kann. Im Laufe der Erkrankung wird die Schilddrüse immer kleiner. Dadurch können immer weniger Schilddrüsenhormone hergestellt werden.

Leider sehen viele Ärzte eine Schilddrüsenproblematik als Lappalie an, die einfach zu beheben ist. Grundsätzlich sind die Symptome, die damit einhergehen, gut in den Griff zu bekommen. Allerdings bei vielen Erkrankten nicht mit der Standardtherapie, welche bedeutet, dass L-Thyroxin in einer oftmals nicht ausreichenden Dosis verschrieben wird.

In meinen Augen gehört die Behandlung einer Schilddrüsenerkrankung in die Hände eines Facharztes, und zwar in die Hände eines Endokrinologen/ einer Endokrinologin. Die Endokrinologie beschäftigt sich mit den hormonproduzierenden Drüsen. Wir haben in unserem Körper eine Hormonachse und wenn ein Hormon aus dem Gleichgewicht geraten ist, hat dies Auswirkungen auf die anderen Hormone und unseren Körper.

Für uns Frauen spielt die Schilddrüse auch insofern eine wichtige Rolle, als dass wir eine bestimmte Hormonlage brauchen um schwanger zu werden. Und so liegt ein unerfüllter Kinderwunsch auch oft daran, dass nicht genügend Schilddrüsenhormone in unserem Blut und unseren Organen vorhanden sind.

Nun magst du dich fragen: was das nun für dich als Reiterin bedeutet?

Die Schilddrüse hat, wie gesagt einen großen Einfluss auf unseren Stoffwechsel. Wenn du nicht mit ausreichend Schilddrüsenhormonen versorgt wirst, lagerst du eventuell Wasser ein, nimmst zu und kannst nur schwer wieder abnehmen und vor allem gibt es einen großen Einfluß auf den Muskeltonus. Oft leiden Menschen mit einer Schilddrüsenproblematik an schmerzhaften Verspannungen, wenn sie schlecht eingestellt sind.

Als bei mir Hashimotoo diagnostiziert wurde, begann eine zweijährige Leidenszeit. So lange dauerte es, bis ich an eine Endokrinologin geriet, die fand, dass es um mein Wohlbefinden ginge und nicht darum, dass die Blutwerte ausreichend sind, wenn sie am unteren Rand der Normwerte rumdümpeln. Bis dahin bekam ich L-Thyroxin. Das wurde schnell gesteigert oder nicht ausreichend schnell und so hatte ich mal eine medikamenteninduzierte Überfunktion und mal kam ich aus der Unterfunktion nicht raus. Ich war ewig müde, aufgeschwemmt, energielos, schlapp, hatte Schmerzen und meine psychische Verfassung ähnelte einer Achterbahnfahrt.
Beim Balletttraining war ich nach 5 Minuten fix und fertig und beim Reiten zeigten mir die Pferde einen Vogel, so nach dem Motto: „Wie soll ich denn losgelassen laufen, wenn du gerade gar nicht weißt, was Losgelassenheit bedeutet?“

L-Thyroxin ersetzt das T4, eines der bekannten Schilddrüsenhormone. Man geht davon aus, dass dieses im Körper in T3 (ein weiteres Schilddrüsenhormon) umgewandelt wird. Das T3 ist wichtiger für den Stoffwechsel und hat einen größeren Einfluss auf die Psyche. Leider hat mein Körper das nicht so gemacht. Und dabei bin ich kein Einzelfall. Man nennt das eine Umwandlungsstörung, wenn der Körper T4 nicht in genügend T3 umbaut. Aber auch, wenn die Werte nicht darauf hinweisen, dass dies bei dir der Fall ist, gibt es mittlerweile viele Studien, die darauf hinweisen, dass eine zusätzliche T3-Gabe eine deutlich positive Auswirkung auf das Befinden hat. Der Körper kann gespeichertes Wasser loslassen, der Stoffwechsel beschleunigt sich, die Muskulatur hat einen angemesseneren Tonus und auch die Auswirkungen auf die Psyche sind nicht zu beachten. Meine Endokrinologin erzählte mir vor einigen Monaten, dass eine T3 Substitution mittlerweile in die Empfehlungen aufgenommen wurde, wie eine Schilddrüsenunterfunktion zu behandeln ist. Leider ist dies noch nicht bei allen Ärzten angekommen. Es gibt auch Menschen, die die chemischen Medikamente wiez.B.  L-Thyroxin (T4), Thybon (T3) und andere nicht vertragen. Dann kann auf Schweinehormone umgestiegen werden. Auch da ist es sinnvoll mit einem Mediziner*in an der Seite, welcher sich mit der Materie gut auskennt.

Ich schrieb weiter oben, dass die Auswirkungen auf die Psyche immens sind. Mir sind nicht wenige Fälle bekannt, dass Menschen mit Antidepressiva behandelt wurde, teilweise sogar stationär, die einfach nur eine Schilddrüsenproblematik haben. Nicht umsonst ist bei der Diagnosestellung vieler psychischer Erkrankungen differentialdiagnostisch eine Schilddrüsenerkrankung auszuschließen.
Wird das immer gemacht? Nein!

Eine häufige psychische Störung sind die Angststörungen. Da ich darauf spezialisiert bin, sehe ich Menschen mit Problemen in diesem Bereich täglich. Auch die Angst beim Reiten fällt darunter.

Vielleicht wird dir nun klar, dass die Ausprägung deiner Ängste mit deiner Hormonlage zu tun haben könnte. Eine Schilddrüsenfehlfunktion kann sowohl deine Ängste verursachen und sie verstärken. Sowohl deine Ängste als auch deine Hormonlage haben eine Auswirkung auf deinen Muskeltonus, deine Beweglichkeit und damit auf deinen Sitz und deine Einwirkung.

Wenn du also eine Schilddrüsenproblematik hast, lohnt es sich, dass du dich mit deiner Erkrabkung und einer sinnvollen Therapie auseinandersetzt. Ganz wichtig ist, dass du dich mit den Blutwerten auseinandersetzt. Wenn du vermutest, dass du eine Schilddrüsenerkrankung haben könntest, suche am besten gleich einen Endokrinologen auf.

Hausärzte haben einfach ein anderes Budget und werden erstmal nur den TSH testen. Der TSH kann einen Hinweis darauf geben, ob die Schilddrüse ausreichend Hormone produziert. Allerdings reagiert der TSH sehr langsam und so kann es sein, dass dieser in Ordnung aussieht, du aber bereits eine Unterfunktion hast. Ein weiteres Problem ist, dass die Normwerte für den TSH vor mittlerweile vielen Jahren geändert wurden, viele Labore aber noch die alten benutzen. Leider ist diese Entwicklung an nicht wenigen Ärzten vorbeigegangen und so werden Krankheiten übersehen.

Viel wichtiger bei der Einschätzung deiner Hormonlage sind die frei verfügbaren Schilddrüsenwerte T3 und T4 in deinem Blut. Auf dem Blutergebnis siehst du diese als ft3 und ft4. Nun wird es oft als ausreichend angesehen, wenn diese irgendwo im Normwertebereich angesiedelt sind. Allerdings fühlen sich viele Erkrankte am wohlsten, wenn diese Werte im oberen Drittel des Normbereiches angesiedelt sind und nah beeinander liegen. Liegen Sie weit auseinander, ist es oftmals so, dass der T4 den besseren Wert hat und der T3 weit drunter liegt. Ich kenne niemanden, der Medikamente nimmt und sich mit dieser Einstellung der Blutwerte gut fühlt!

Du solltest also lernen die Blutergebnisse zu interpretieren. Dabei hilft dir ein Werterechner, der die Istwerte in Prozent umrechnet. Ich fühle mich am wohlsten, wenn sowohl ft3 als auch ft4 bei 66%-75% liegen. Das habe ich nur durch langjährige Beobachtung rausgefunden. Wichtig ist, es geht darum, wie es dir geht. Wenn das bei dir anders ist, ist das absolut in Ordnung. Wichtig ist nur, dass du überhaupt mitreden kannst. Denn sonst wird dein Arzt vielleicht nur deine Blutwerte auf irgendwo in den Normwerten einstellen ohne dein Befinden zu berücksichtigen.

Falls du auch T3 bekommst, ist es wichtig zu wissen, dass ab dann der TSH gar nicht mehr aussagekräftig ist. Die Gabe von T3 kann für eine Supprimierung des TSH sorgen, das bedeutet, dass der TSH unter den Normbereich fällt. Ein Arzt, der das nicht weiß, wird nun annehmen, dass du eine Überfunktion hast und dich dazu veranlassen die Medikamente zu reduzieren.

Je höher der TSH, desto mehr Schilddrüsenhormone soll die Schilddrüse produzieren, also könnte man annehmen, dass wenn der Wert zu niedrig ist, sind zu viele Schilddrüsenhormone im Blut. Es kann dabei jedoch sein, dass der TSH eine Überfunktion anzeigt, jedoch du deutlich zu wenig Schilddrüsenhormone im Blut hast, also auch ft3 und ft4 unterhalb des Normbereiches liegen. Mit einem Arzt, der nur auf den TSH achtet, hat man dann ein Riesenproblem.

Ob mit Hashimoto oder einen anderen Schildrüsenproblematik ist jedoch eine gute Einstellung möglich, damit einher geht wieder ein gutes Lebensgefühl, mehr Energie und mehr Wohlbefiinden. Dir wünsche ich eine kompetente Ärzt*in, die dich begleitet und dir ein gutes Ohr für die Stimme deines Körpers.

Denke immer daran: niemand kennt dich besser als du selbst.

Alles Gute für dich!

Deine

Nicole